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POLITIK, PRESSE UND MODERN WARFARE 2

Kolumne gepostet von Green Ninja am 13.11.2009 um 13:00 Uhr
 
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So, jetzt is es endlich da. Call of Duty: Modern Warfare 2, 'in all it's glory' wie man so schön sagt. Und wie zu erwarten war, ist der Titel das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Doch was sagen die professionellen Kritiker, die Politiker und die 'Spielekiller' dazu? Und warum steckt ein Dolch, auf dem 'GamePro' geschrieben steht, in meinem Rücken?

Noch gibt es zwar keine offizielle Kritik von uns, aber gut' Ding will bekanntlich Weile haben. Da wir bei GU manchmal leider etwas länger auf unsere Testmuster warten müssen, sind wir noch ein bisschen hinter den gängigen Magazinen hinten dran. Ich selbst habe es noch nicht gespielt. Zwar möchte ich dies bei Gelegenheit noch tun, aber ich werde darauf verzichten, das Spiel in Deutschland zu kaufen oder zu mieten, weil ich keinen noch so kleinen Betrag für eine extra für Deutschland bearbeitete Fassung bezahlen möchte. Natürlich, die Schnitte (wir berichteten) sind nicht wirklich schlimm, eigentlich sogar halbwegs verständlich und wenn bekannt geworden wäre, dass das Spiel weltweit so verändert wird, hätte ich keine Einwände gehabt. Aber ich kaufe nunmal aus Prinzip keine exklusiv für den deutschen Markt "kastrierten" Spiele. Punkt.

Modern Warfare 2
Das Spiel ist erst seit Dienstag drausen und schon schlägt diese Szene hohe Wellen.
Ob nun mit oder ohne Schnitte, der Flughafen-Level ist drin und ich bleibe bei meiner Meinung. Ist es grenzwertig? Ohne Zweifel, aber das waren viele Szenen im Vorgänger auch. Für den Fall, dass euch die Punkte, die ich letztes Mal nicht aufgelistet habe, noch nicht ausreichen: in der ersten Mission von Call of Duty 4 erschießt man schlafende Matrosen in ihren Kojen, d.h., wenn man schneller als seine mörderischen K.I.-Kollegen ist. Da musste ich auch schon schlucken.
Wie gesagt, ich habe MW2 noch nicht gespielt und es könnte auch noch eine Weile dauern bis ich dazu komme, aber ich verdamme weder Spiel, noch Entwickler, noch Spieler für diese Szene bevor ich es nicht selbst erlebt habe und vorraussichtlich auch nicht danach. Ich habe letztes Mal schon klar gestellt, dass ich kein großer Fan von so realistischen oder reißerischen Gewaltdarstellungen bin. Allerdings bin ich auch weiterhin der Meinung, dass diese Szene durchaus ins Gesamtbild passt. Die Fachpresse hat belegt, dass MW2 tatsächlich ein verdammt gutes Spiel ist, aber die Sache ist ja die, dass es mehr sein kann.

Wer übrigens wie ich, die Situation bisher nur beobachtet hat, kann sich den gesamten Level hier ansehen:

Enthält natürlich Spoiler. D'uh.




Modern Warfare 2
Noch konnte mir niemand sagen, ob das Schießen auf Zivilisten in Rio erlaubt ist.
Wie bereits erwähnt, ist es in der deutschen Version nicht möglich selbst auf Zivilisten zu schießen, da man sonst von vorne beginnen muss, aber es ist auch möglich die Mission in der unzensierten Variante zu spielen, ohne Zivilisten zu töten.
Nochmal: ich unterstütze nicht, dass man in dieser Szene auf Zivilisten schießt, aber ich halte es im Gesamtkontext für ein passendes Szenario. Ich würde selbst vermutlich sogar darauf verzichten, das Feuer auf die Flughafenbesucher zu eröffnen, aber ich hab auch schon ein schlechtes Gewissen wenn ich in Fallout gemein zu Kindern bin. Niemand würde sich darüber beklagen, wenn es eine Zwischensequenz wäre. Aber genau da ist doch der Haken. Ich kucke mir zwar gerne Zwischensequenzen an, aber in den letzten Jahren haben immer mehr First-Person-Shooter bewiesen, dass man auch gut ohne klar kommt. Und ich rede nicht von Painkiller oder Serious Sam, sondern von Half-Life und Bioshock!
Bisher ist übrigens noch nicht bekannt, ob man in anderen Leveln, in denen Zivilisten vorkommen, auf diese schießen "darf" und ob das Flughafenlevel eine Ausnahmen in der deutschen Fassung darstellt. Überraschen würde mich so eine Schlamperei nicht.


So, nun aber zu Reaktionen aus dem Rest der Welt:

In Australien wurde schon in Erwägung gezogen, das 15er Rating wieder zurückzuziehen, was das Spiel ja bekanntermaßen von aus den Läden in Down Under verbannen würde. Hierzu gibt es außer der ersten Meldung allerdings nicht Neues. Der Amerikanische Sender Fox hat bereits ausgiebig über das Spiel hergezogen.

Währenddessen gibt es auch in England politische Debatten über das Spiel. Keith Vaz, Mitglied der Labour-Partei vor dem Parlament:

"Ist sich der Minister dessen bewusst, dass heute um Mitternacht ein neues, brutales Videospiel mit Namen 'Call of Duty: Modern Warfare 2', erscheinen wird? Es enthält Szenen von solcher Brutalität, dass sogar der Hersteller selbst Warnungen in das Spiel integriert hat, die darauf hinweisen, dass man einzelne Szenen überspringen kann. [...] Welche Maßnahmen gedenkt die Regierung zu ergreifen, um zu verhindern, dass diese gewalthaltigen Spiel in die Hände von Kindern und Jugendlichen fallen? Es geht nicht um Zensur, sondern um den Schutz unserer Kinder."


Der zuständige Minister Siôn Simon zeigte sich unbeeindruckt:

"Das Spiel um das es geht, ist ab 18 Jahren freigegeben. Es darf nicht an Kinder verkauft werden und es ist die Aufgabe der Regierung sicherzustellen, dass Erwachsene das bekommen, was für sie bestimmt ist und dass Kinder nicht mit solchen Inhalten in Berührung kommen."


Persönlich vertrete ich zwar die Meinung, dass die Regierung da gefälligst die Finger von lassen soll, aber ansonsten scheint der Mann das Hirn noch am rechten Fleck zu haben.


Glücklicherweise haben die deutschen Medien noch nichts von diesem Spiel aufgeschnappt, aber das brauchen wir auch gar nicht. Die deutsche Fachpresse ist nämlich schon so sehr von der Panikmache der Spielekiller (ah... die schiere Ironie dieses Wortes erfreut mich jedes Mal) angesteckt. Wovon ich rede? Von einer Kolumne, die in Zusammenarbeit von GameStar Chefredakteur Michael Trier und seinem Kollegen von der GamePro, Markus Schwerdtel, entstanden ist. Die Beiden ärgern sich darüber, dass den Hasspredigern vom ZDF (mein Zitat, nicht ihres) damit das Videomaterial für deren Killerspiel-Reportagen (wobei ich das Wort Reportagen nur lose verwende) frei Haus geliefert wird und es sich nicht selbst zusammenschneiden müssen. Diese Problematik würde mich tangieren, wenn ich nicht eh schon jeden Glauben in die Meinungsmagazine der Öffentlich-Rechtlichen verloren hätte. Sich in diesem Zusammenhang darüber aufzuregen, ist sinnlos, da sich weder Frontal 21 noch das Heute-Journal bisher die Mühe gemacht haben, ihre eigenen Lügenmärchen zu enttarnen und sich dafür zu entschuldigen. Aber die Kolumne hört da nicht auf:

"Die angeblich angestrebte Empathie bleibt dabei komplett aus: Das Blutbad läuft vergleichsweise steril ab, die Opfer bleiben seltsam gesichtslos, es gibt keine Kinder unter den Passagieren. Es ist ganz einfach, bei diesen lässigen Kerlen mitzumachen und eben auch den Abzug zu drücken. Modern Warfare 2 setzt die Hemmschwelle so weit wie möglich herunter, ordnet zugleich aber die Tat in keiner Weise ein. Es fehlt eine emotionale Reaktion des Spielcharakters, alle Reflektion liegt bei der Person vor dem Bildschirm."


Fallout 3
Niemand beklagt sich über einen emotionslosen Protagonisten in Fallout.
Also ich weiß nicht, vielleicht sind die Beiden ja tatsächlich abgehärteter als ich, aber so wie ich die Sache sehe, gehen in vielen First-Person-Shootern die Emotionen nur vom Spieler aus, da sein Avatar bestenfalls im Spiegel zu sehen ist, wie z.B. (da haben wir sie wieder) Half-Life, BioShock oder auch Fallout 3. In diesen Spielen hat man keinen Avatar wie Niko Bellic oder Solid Snake, mit dem man sich identifizieren kann, der Spieler IST der Avatar. Und insofern, haben wir auch keine Zwischensequenz, die uns sagt, wie sich der Protagonist gerade fühlt, sondern man muss sich selbst ein Bild machen. Vielleicht ist es ja ein Vorteil, dass die emotionale Reaktion bei der Person vor dem Bildschirm liegt.

Zuerst klagt man über die Existenz der Szene an sich und dann, dass sie "steril" sei und die Opfer "gesichtslos". Ja, was denn nun? Entweder die Szene ist schon schlimm, oder noch nicht schlimm genug.

Ganz ehrlich: Natürlich ist die Szene brutal. Und selbstverständlich sollte es nicht von Minderjährigen gespielt werden. Aber ich glaube, uns wurde in den letzten Jahren das schlechte Gewissen über solche Dinge von der Presse und Politikern eingeprügelt. Ich sehe ja selber, wie ich in manchen Situationen sofort in die Defensive falle, wenn ich versuche einem Spielekiller meinen Standpunkt klar zu machen. Aber das muss nicht sein. Ich will nicht, dass das hier klingt, als fände ich reale Gewalt toll oder sowas, aber wir sind doch alle vernünftig genug, um uns eine eigene Meinung über das Szenario zu bilden. Immer wieder lande ich bei meinem Filmvergleich. In Stirb Langsam erschießen die Terroristen auch unschuldige Geißeln? Da sagt niemand, "Uh, muss das jetzt sein? Mussten die, die Szene jetzt unbedingt so zeigen? Hätte man das nicht auch einfach nur dem Bruce Willis über Funkgerät erzählen können?" Und genau da liegt immer noch der Haken. Das eine Medium darf nicht, was für das andere schon längt Standard geworden ist. Ich sehe hier kein Problem damit, dass die Spiele ein interaktives Medium sind. Ich sehe es viel mehr als das, was diese Szenen überhaupt erst auszeichnet. Aber dazu werde ich in einer späteren Kolumne noch mehr zu sagen.

Gewalt in Spielen muss nicht immer überzogen und satirisch sein. Vielleicht ist Modern Warfare 2 nur der Anfang. Die Handlung mag Fiktion sein, aber es gibt ähnliche Szenarien doch auch im echten Leben. Vielleicht hätte der gecancelte Shooter Six days of Fallujah so ein Spiel werden können. Eine Verschmelzung von "normalen" Spielen und den von den Kritikern bisher nur belächelten "Serious Games". Ich sage es nochmal: ich spiele lieber Mass Effect oder auch Super Mario anstatt solcher Kriegsspiele. Und dennoch sitze ich hier und verteidige das Genre. Weil wir es hier mit einer Weiterentwicklung des Mediums zu tun haben und weil ich das toll finde. Natürlich bleibt da immer noch Platz für harmlose Unterhaltung, eben genauso wie im Film. Ich würde Der Soldat James Ryan ja auch nicht auf eine Stufe mit Dead Snow (geiler Film btw.) oder Hellboy setzen.


Letztlich bleibt nur noch eines zu sagen: Ich mache mir keine Sorgen darüber, dass den Spielekillern neue Munition geliefert wird. Die haben ganze Fabriken für sowas. Aber wenn jetzt plötzlich Videospiel-Redakteure zu Moralaposteln werden, ging was ganz gehörig schief.
geschrieben von Green Ninja  

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