Ihr kennt das. Da will man in Ruhe mit seiner Freundin einen Campingausflug im Wald machen und plötzlich gerät in eine großangelegte Verschwörung mit dem Ziel Amerika in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen. Was bleibt einem da schon anderes übrig als in den feindlichen Untergrundkomplex einzudringen, und mal ordentlich aufzuräumen.


Videospielnostalgiker haben einen tollen Sommer hinter sich. Der Summer of Arcade 2009 wurde wieder einmal von eher klassischen Genres bedient. Es gab zwei Prügler, Marvel vs. Capcom 2 und Turtles in Time, den Plattformer 'Splosion Man und ein Remake des Grafik-Adventures the Secret of Monkey Island. Doch das beste hat sich Microsoft zum Schluss aufgehoben. Shadow Complex wurde auf der E3 als ein "Super Metroid der neuen Generation" beschrieben. Das könnte ich eigentlich nicht besser sagen, denn es handelt sich hier um viel mehr als eine simple Hommage an das Genre. Shadow Complex ist die Reinkarnation eines Genres, das schon fast tot war, nämlich ein 2D-Plattformer mit Fokus auf Erforschung.

Für diejenigen die mit dem Genre nicht vertraut sind, hier eine kleine Einführung: Die Metroid-Spiele, und in späteren Ausführungen auch die Castlevania-Serie, haben sich immer von anderen zweidimensionalen Shootern/Platformern abgehoben. Es galt einen fremden Planeten, ein geheimnisvolles Schloss oder, wie eben in diesem Spiel, einen unterirdischen Komplex zu erforschen. Der entscheidende Punkt hierbei ist, das man zu Beginn nur sehr wenig Möglichkeiten hat eben dies zu tun. Ein Vorsprung ist zu hoch, eine Tür verschlossen, ein Gang voller Stacheln, Säure, Lava oder ähnlichem. Um solche Hindernisse zu überwinden muss man die schon zugänglichen Areale erforschen und Gegner bekämpfen um an neue Ausrüstung/Magie/Schlüssel zu gelangen mit deren Hilfe man dann voran kommt. In Super Metroid z.B. können bestimmte Türen nur mit Power-Bomben geöffnet werden und wenn man die Türme von Schloss Dracula erklimmen will kommt man um Sprungstiefel nicht herum. Auf diese Weise funktioniert auch Shadow Complex.

Boy meets girl, girl gets kidnapped, etc.

Aber zurück zum Plot. Eigentlich wollte Jason Flemming nur einen kleinen Campingtrip mit seiner neuen Freundin machen. Doch sie wird verschleppt von ein paar Soldaten in seltsamen Rüstungen und als Jason ihnen folgt findet er in den Höhlen unter dem Wald den Eingang zur geheimen Basis der Restoration, einer Organisation die einen neuen Bürgerkrieg entfachen will um die Macht an sich zu reißen. Das kann Jason natürlich nicht zulassen und beschließt nicht nur seine Freundin zu retten, sondern auch gleich den bösen Jungs mit ihren eigenen Waffen Feuer unterm Hintern zu machen. Glücklicherweise kann er dabei nicht nur auf eine Menge Gadgets, sondern auch auf sein Militärtraining zurückgreifen.
Das ganze basiert auf Jason Scott Cards "Empire" Buchreihe, Shadow Complex läuft dabei parallel zur Handlung des ersten Buches und gibt wohl Hinweise auf den zweiten Band. Ich hatte vorher noch nicht von den Büchern gehört, aber das Spiel hat mich neugierig gemacht.

Alles was Jason zu Beginn des Spiels mit sich trägt ist eine poplige Taschenlampe, die ist aber dringend notwendig, denn deren Leuchten zeigt an welche Waffe benötigt wird um welches Hindernis aus dem Weg zu räumen. Was orange leuchtet kann zerschossen werden, blau leuchtende Objekte müssen mit Höchstgeschwindigkeit gerammt werden. Waffen gibt es jede Menge. Zwar findet man recht früh im Spiel eine handliche Pistole, doch die wird schnell ersetzt durch diverse Maschinengewehre und dann gibt es da noch Handgranaten und Raketen für die ganz dicken Brocken. Richtig lustig ist aber die Ausrüstung die nicht (nur) dazu gedacht sind den Truppen der Restoration das Leben schwer zu machen. Jason findet im Laufe des Spieles einen experimentellen Kampfanzug mit jeder menge Extras wie einen Jetpack, Stiefel zum Rennen mit Überschallgeschwindigkeit und eine Schaumkanone mit der man sich im Handumdrehen Brücken und Türme bauen kann. So gibt es immer wieder neue Möglichkeiten bisher unerreichbare Bereiche zu erreichen und genau das macht auch den Reiz des Spiels aus. Kaum findet man z.B. das Jetpack fallen einem sofort ein Duzend Stellen ein die man jetzt wieder besuchen sollte um sich genauer unter die Lupe zu nehmen. So kommt man auch an diverse Upgrades für Rüstung und Munition, oft versteckt in Lüftungsschächten oder Geheimfächern. Immer im Gepäck ist eine handliche Karte die einem die Bereiche zeigt die man noch nicht erforscht hat.




Bumm!

Natürlich dreht sich nicht alles um erforschen. Immerhin hat der werte Mr. Flemming eine Prinzess...öhm seine Freundin zu retten. Und da böse Organisationen mit Weltherrschaftsambitionen normalerweise nicht gerade für ihre umgängliche Art bekannt sind wird es Zeit für ein bisschen One-Man-Army-Action. Jason ist übrigens nicht nur ein toller Schütze, sondern auch geübt im Nahkampf, ein Knopfdruck reicht um die Fußsoldaten der Restoration auf die Matte zu schicken. Und sobald Jason erstmal den experimentellen Kampfanzug samt Überschallstiefel ergattert hat, fliegen die Jungs nach einem kräftigem Faustschlag auch schonmal mehrere Meter durch die Luft. Ist auch ganz gut so, denn es ist immerhin ein Achivement wert wenn man 100 Schergen zum "schreien" bringt.
Apropos Schergen, die Restoration hat natürlich mehr zu bieten als ihr Äquivalent von imperialen Sturmtruppen. Da gibt es Ninja-Soldaten, die an der Decke hängen und mit Granaten um sich werfen, Hünenhafte Soldaten bewaffnet mit Gatling-Guns oder Raketenwerfern und dann noch diverses schwere Gerät in Form verschiedener Kampfläufer, von enormen Kampfspinnen zu Strider-artigen High-Tech Maschinerie ist alles dabei.

Unreal-Engine in 2D.

Ich denke ich kann ohne zu übertreiben sagen, dass Shadow Complex eines der, wenn nicht sogar das, bestausehendste(n) Spiele auf Xbox Live Arcade ist. Die Animationen sind flüssig, Lichteffekte passen gut hinein, die Zwischensequenzen in Spielgrafik sind ebenfalls schön anzusehen. Der Clou ist aber die 2.5D-Optik. Der Untergrundkomplex ist an sich kein flacher Raum, oft laufen Gegner im Hintergrund auf erhöhten Platformen oder kommen aus Türen an der Wand. Jason hingegen bewegt sich komplett auf einer 2-dimensionalen Ebene und springt so mal schnell von einem Geschoss ins andere während die Gegner alle die Treppe im Hintergrund benutzen. An bestimmten Stellen muss auch mal ein stationäres Geschütz bemannt werden um ein Areal großflächig leer zu fegen.
Leider sind die Areale insgesamt etwas abwechslungsarm. Klar, das Setting lässt einfach nicht so viel Möglichkeiten offen wie ein fremder Planet, aber man hätte mehr draus machen können.
Im Audio-Bereich gibt es nicht viel zu sagen. Die Musik schwankt zwischen Episch und kaum vorhanden und die (englische) Sprachausgabe ist sehr solide.
Für Langzeitmotivation ist gesorgt. Es gibt 4 Schwierigkeitsgrade, kreative Achivements (z.B. das Spiel mit einem Minimum von Items durchspielen) und diverse Zusatz-Challenges die eure in der Kampagne erprobten Fähigkeiten noch mehr fordern.

Es gab allerdings eine Sache, die hat mich massiv gestört. Es gibt tatsächlich einen kleinen Bereich auf der der Karte, den man nicht betreten kann obwohl er angezeigt wird. Das find' ich schlicht gesagt ziemlich frech. Wenn mir einer sagen kann wie man ans westliche Ende des Förderbands in der Fabrik gelangt wäre ich sehr dankbar.



Shadow Complex ist für 1200 Microsoft-Punkte auf Xbox Live Arcade erhältlich.