Habt ihr zuviele Freunde? Wolltet ihr schon immer mal euer Adressbuch etwas ausdünnen? Spielt mit ihnen New Super Mario Bros. Wii und sie werden nie wieder mit euch reden wollen! Oder wollt ihr mal wieder ein Spiel, dass euch so richtig in den Wahnsinn treibt? In all meinen Jahren als Zocker habe ich noch nie ein Spiel erlebt in dem ich (manche) meine(r) Mitspieler so gehasst und über den Spielverlauf dermaßen geflucht habe. Warum ihr euch dieses geniale Spiel trotzdem auf keinen Fall entgehen lassen dürft, lest ihr im Test.

Worst Hero Ever!

Eines möchte ich gleich mal zu Beginn loswerden, bevor ich über das eigentliche Spiel rede: Mario ist ein Vollidiot. Einmal völlig davon abgesehen, dass wir dank Smash Bros. wissen, dass die Prinzessin durchaus in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, ist es manchmal schon erschreckend wie leicht sie sich entführen lässt. Doch dieses mal sind wir echt am Boden des Fasses angelangt. In Super Mario Galaxy griff Bowser das Pilz-Königreich mit einer Flotte aus fliegenden Schiffen an, um schließlich das ganze Schloss zu stehlen. In Super Mario 64 nutzte der Koopa-König die magischen Kräfte der 120 Sterne, um die Gemälde in Peachs Schloss in Todesfallen für seinen Erzfeind zu verwandeln.

Alles etwas übertriebene, aber zugegebener Maßen, durchaus effektive Methoden für königliches Kidnapping. In New Super Mario Bros. Wii allerdings ist nichts von dieser Finesse zu sehen: Es ist der Geburtstag der Prinzessin. Die Gäste sind Mario, Luigi und 2 Toads, die ihr noch nie gesehen habt. Dann schiebt sich eine große Torte ins Bild, heraus springen Bowser Jr. und die Koopalings. Warum die zusammen arbeiten ist mir ein Rätsel. Ich ging immer davon aus, dass Bowser seine ersten 7 Kinder alle enterbt hat, nachdem sein neuster Sprößling (vermutlich von einer anderen Mutter) auf der Bildfläche erschien. Anyway, auf jeden Fall springen die acht Thronerben aus der Torte, heben sie hoch und werfen sie auf die Prinzessin, was die beiden Klempner und die Toads so umhaut, dass sie nicht verhindern können wie die Torte inklusive Peach aus dem Schloss getragen und auf eines von Bowsers fliegenden Schiffen verfrachtet wird. Butler Toadsworth hat es ja schon in Superstar Saga gesagt: "Sie wird entführt sobald ihr eure Augen von ihr abwendet", aber das ist echt der Tiefpunkt. Ich glaube, es gibt keine Prinzessin, die so oft entführt wurde wie Peach. Man sollte meinen nach 20 Jahren gibt es zumindest Türsteher im Schloss, aber naaaaaeeeeeiin.
Auf jeden Fall stürmen Mario und Luigi hinterher und aus irgendeinem Grund dürfen der gelbe und der blaue Toad mitkommen. Wo sind Wario und Waluigi wenn man sie mal braucht - oder der gute alte Toad, den wir schon aus anderen Spielen kannten?

20 Jahre Routine.

Vielleicht sollte ich aber kurz über das Gameplay reden. New Super Mario Bros. Wii ist ... naja, es ist New Super Mario Bros. Für Wii.
Wer den DS-Vorgänger gespielt hat, der weiß was ihn erwartet. Was wir hier haben ist konsequente Fortsetzung. Es steuert sich im Prinzip wie das Original Super Mario Bros für NES mit ein paar Ergänzungen, wie Wandsprüngen und Stampfattacken. Mario und co. hüpfen, rennen und schwimmen durch mehrere Levels in 9 thematisch verschiedenen Welten wie Schnee, Wüste oder Gebirge. In jeder Welt gibt es 2 Schlösser (wer erteilt Bowser eigentlich immer die Baugenehmigungen für diese Dinger?) an deren Ende einer der Koopalings wartet.

Natürlich gibt es noch die Mario-typischen Extras, wie Feuerblumen, Sterne und Mikro-Pilze, aber es gibt auch neue Extras: Die Eisblume lässt Mario und Konsorten Gegner einfrieren, mit dem Pinguinanzug kann man auf dem Bauch rutschen und besser schwimmen und der Propeller-Helm sieht wirklich scheiße aus. Oh, und man kann damit fliegen, aber das nur sekundär. Hätte man nicht auch die klassischen Anzüge (Froschmario, Waschbärmario) aus Super Mario Bros 3, oder das Cape aus Super Mario World reaktivieren können?
Auch Yoshi ist wieder dabei, allerdings ist er in diesem Spiel leider stumm. Kein gejubeltes "jochie", kein heiteres "uhb" und auch leider kein angestrengtes "brrrrrmm". Dafür ist der gelbe Toad aber mein neuer Favourit für "nervigste Stimme in einem Videospiel ever". (Dicht gefolgt von der deutschen Synchronstimme des Wii Balance Boards.)

Gesteuert wird das ganze allein mit der Wii-Mote, die wie ein NES-controller gehalten wird. Feuerbälle und Sprünge liegen auf den 1- und 2-Tasten, ein Schütteln der Fernbedienung lößt einen Drehsprung aus, der auch benutzt wird um den Propeller-Helm zu aktivieren.
Hin und wieder nutzt man auch die Bewegungssensoren in der Wii-Mote. So kann man zum Beispiel durch das neigen nach Links und Rechts eine Schaukel bedienen oder eine Lampe in einer dunklen Höhle ausrichten.

Ein Spiel aus der Hölle.

Dieses Spiel ist schwer. Contra schwer. Okay, vielleicht nicht Contra schwer, aber es wird selbst Super Mario World-Veteranen ins Schwitzen bringen. Es ist weniger die Anzahl der Fallgruben oder Gegner, es ist das sadistisch/kreative Level-Design (gibts da ein Wort für? Sadetiv? Kreadistisch? Deadpool?). Mal wird man von herumrutschenden Eisblöcken zerquetscht, dann flüchtet man vor einem hungrigem Riesenfisch oder ihr müsst ein Floß von Gegnern freihalten damit es nicht im Sumpf versinkt. Auch die schon aus SMB3 bekannten Luftschiffe sind wieder dabei. Für Abwechslung ist auf jeden Fall gesorgt. Die Schlösser allerdings sind, serien-typisch, die Höhepunkte. Da gibt es gigantische Stachelzylinder die aus dem Boden geschossen kommen, über Lava schwingende Schaukeln, Riesige Zahnräder und und und.

Doch hier kommt der Haken: Die Levels sind alleine schonmal recht knifflig, aber richtig kompliziert wird es, wenn ihr ein paar Freunde mit einbringt. Denn New Super Mario Bros. Wii ist das erste klassische Mario-Spiel mit einem richtigen Multiplayer. Und es macht zwar richtig Spaß mit Freunden zusammen zu spielen, aber gleichzeitig müsst ihr höllisch aufpassen, dass ihr euch nicht gegenseitig auf die Füße tretet, bzw. auf den Köpfen rumspringt. Ich habe schon einige Leben verloren, weil ich von einem Mitspieler unabsichtlich in eine Falle gequetscht wurde oder mich eine falsch gezielte Stampfattacke in ein Loch schleuderte. Prinzipiell ist die Idee eines 4-Spieler Jump'n Runs echt super, aber man steht sich oft im Weg rum, was das benötigte präzise Platforming nicht gerade erleichtert.

Aber so richtig übel wird es, wenn ihr das Spiel mit den falschen Leuten spielt. Egoistische oder bösartige Spieler (ihr kennt die Sorte) stürmen da schonmal voraus und verbannen die anderen Teilnehmer zu einem Tod im Bildschirmrand, oder greifen sich alle 4 Items auf einmal, die aus einem Block kommen. Im Gegenzug muss man natürlich auch aufpassen, dass man selbst nicht zu so einer Sorte Spieler wird. Sonst macht man sich bei Mario Bros. Wii nicht gerade beliebt.
Es gibt auch ein paar Team-Manöver. Man kann den Kopf eines Partners z.B. als Sprungbrett missbrauchen um höher gelegene Areale zu erreichen oder ihn hochheben und von dessen Propellerhelm nach oben getragen zu werden oder ihn über Gruben werfen. Oder auch in Gruben, wenn man zu der Sorte Spieler gehört, die ich weiter oben beschrieben habe.

Ein weiterer entscheidener Unterschied zwischen dem Einzel- und Mehrspieler-Modus ist die Art wie mit verloreren Leben umgegangen wird. Spielt man das Spiel alleine und landet in einer der vielen Fallgruben oder wird von einem Gegner getroffen heißt es raus aus dem Level und von Vorne (oder dem letzten Checkpoint) beginnen. Wenn allerdings mehrere Spieler beteiligt sind und einer von ihnen ins virtuelle Gras beißt, kommt er nach ein paar Sekunden in einer Seifenblase zurück ins Bild. Diese muss von einem noch aktivem Spieler berührt werden, damit er wieder am Spiel teilnehmen kann. In Notfall-Situationen kann außerdem jeder Spieler selbst in Sekundenschnelle in die Blase wechseln, um zum Beispiel einer Fallgrube zu entgehen. Sobald aber alle Spieler gleichzeitig außer Gefecht gesetzt sind (was öfters passiert als ihr denkt), dann muss der Level aufs neue begonnen werden.

Neben dem eigentlichen Hauptspiel gibt es noch die Möglichkeit jedes Level einzeln anzuwählen oder in der Münzjagd gegeneinander anzutreten. Schatzsucher werden aber auch bei der Secretsuche im Story-Modus auf ihre Kosten kommen.

It's a me ... ach ihr kennt den Rest.

Über die Grafik gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Sie ist ... angemessen. Seht euch die Screenshots an. Die Charaktere sind alle nett animiert, die Levels sind schön bunt, aber ingesamt ist es einfach nichts, worüber ich viele Worte verlieren muss oder kann.
Die Musik ist dermaßen fröhlich, dass sogar die Gegner manchmal dazu tanzen. Viele der Melodien sind (relativ) neu, das klassische Mario-Thema ist nur in den Bonus-Spielchen zu höhren. Alles in allem geht die musikalische Untermalung voll in Ordnung, besonders die Musik im Geisterhaus und den Schlössern hat mir gefallen. Mit Ausnahme des gelben Toads (glaubt mir, ihr werdet ihn hassen!) ist die "Sprachausgabe" auch ziemlich genau das, was man von Mario-Titeln gewohnt ist.




P.S.: was auch immer ihr tut, spielt dieses Spiel nicht mit Alex Schäfer, wohnhaft in Freiburg.