Ubisoft hat in den letzten Wochen und Monaten keine Kosten und Mühe gescheut, um den heiß erwarteten Nachfolger von Assassins Creed gebührend in den Medien zu präsentieren. Zahlreiche Videos, Entwicklertagebücher, Screenshots, usw. sorgten dafür, dass wir stehts etwas zu berichten hatten und auf die Folter gespannt wurden. Vorletzte Woche Donnerstag war es dann endlich soweit und zahlreiche Konsolenanhänger tauchten wieder in die Erinnerungen längst verstorbener Assassinen ab, um den Kampf gegen die Templer fortzusetzen.

Um eine Sache direkt vorweg zu nehmen, ich habe den ersten Teil gerade einmal gefühlte 20 Minuten angespielt, weshalb ich storytechnisch mehr oder weniger auf dem Schlauch stand und mir erst ein paar Hintergrundinformationen zusammenreimen bzw. anlesen musste. Assassins Creed 2 knüpft nämlich nahtlos da an, wo Teil Numero Uno vor zirka zwei Jahren beendet wurde – Im Labor von Abstergo Industries (eine moderne Templer-Organisation) als Laborratte Desmond Miles. Das erste was mir durch den Kopf schoss war: „Was zur Hölle hab ich in diesem Labor verloren?!“. Doch bevor ich mir diese Frage selbst beantworten konnte, wurde ich auch schon von einer jungen, äußerst attraktiven Dame dazu motiviert mit ihr zusammen die Flucht zu ergreifen. Selbst wenn ich eine andere Wahl gehabt hätte, hätte ich höchstwahrscheinlich nicht nein gesagt und das, obwohl es sich bei der weiblichen Fluchtbegleitung um keine sexy Office Lady aus Nippon handelt – und das soll schon etwas heißen! (Anm. d. Red.: Benda hat ein LEICHTES Faible für karrieregeile Office Ladies aus südost Asien)

GNADENLOS DURCH DEN KAKAO GEZOGEN...

Wie dem auch sei, während der Flucht werden wir darüber aufgeklärt, dass wir die ganze Zeit (Teil 1) an der Nase herumgeführt wurden und unser Protagonist in Gefahr sei, weshalb wir unbedingt an einen sicheren Ort gebracht werden müssen...So so, ein sicherer Ort – huh? Die Sau! Im Vorgänger wurden wir nämlich als ahnungsloser Barkeeper Desmond Miles von den Templern entführt und mussten zwangsweise die Erinnerungen der Meister-Assassine Altair durchleben, um Informationen über den Aufenthaltsort des Edensplitters zu sammeln. Wird dieser mit anderen Splittern zusammengesetzt, ergeben sie den Apfel, ein uraltes Artefakt mit dem sich gleich massenweise Menschen hypnotisieren lassen und für die Weltherrschaftspläne der Templer genau richtig kommt (unser Einer würde so ein Teil als „Fernseher“ bezeichnen).

Mittlerweile sind wir auch unversehrt in einem Versteck des Assassinen Ordens angekommen, wo wir Superhirn und Dauernörgler Shawn, sowie Technik-Freak Rebecca vorgestellt werden. Dabei hat es mir besonders Shawn angetan, der es doch tatsächlich schaffte mir mit seiner Meckerei bereits nach wenigen Minuten auf den Sack zu gehen. Und weil Rebecca so ein Obernerd ist, hat sie mal eben eine erweiterte Version des Animus zusammengebastelt, welcher natürlich direkt von uns ausprobiert werden muss (Anm. d. Red.: Animus lautet der Name der Maschine, mit der wir die Erinnerungen unserer Assassinen-Vorfahren erleben können). Gesagt getan, tauchen wir in die Erinnerungen von Ezio ein und finden uns direkt bei seiner Geburt wieder, wo wir in Form eines Quicktime-Events strampeln dürfen, um allen Anwesenden zu demonstrieren, dass der Braten unversehrt aus der Röhre geholt wurde – HALT – STOPP! Kurze Pause...Ezzo wer? Was ist mit Altair?

Der Kollege Altair hat sich ausgeALTAIRt und jetzt ist Ezio Auditore da Firenze am Drücker, seines Zeichens Adeliger und nebenbei noch Italiens Womanizer Numero Uno. Ja, ihr habt richtig gelesen. Nicht nur der Hauptcharakter wurde ausgewechselt sondern die komplette Location gleich mit. Deshalb befinden wir uns im wunderschönen Italien in der Renaissance, um das 15. Jahrhundert herum, wo Leonardo da Vinci noch ein kleiner Fisch im weiten Künstlermeer war. Er spielt nämlich auch eine wichtige Rolle und verleiht dem Titel, mit seiner aufgedrehten Art, die nötige Prise Humor. Des weiteren ist er für die Entschlüsselung der Kodex-Seiten, welche ihr im Spielverlauf findet, zuständig wodurch eure Lebenspunkte erweitert und eure versteckten Klingen aufgemotzt werden.

FLIEG EZZE FLIEG!

Aber wozu der ganze Ausrüstungs-Heckmeck? Nun ja, wenn die eigene Familie einem riesigen Komplott zum Opfer fällt und dabei euer Vater inklusive beider Brüder öffentlich gehängt werden, dann ist man bei seinem persönlichen Rachefeldzug auf diverse Hilfsmittel angewiesen. Doch aller Anfang ist schwer und ihr findet Unterschlupf bei eurem Onkel Mario, der euch in die Kunst des Kampfes einweist. Wie ihr allerdings unerkannt in der Gegend umherschleicht oder Mitbürger um ihre Taler erleichtert lernt ihr von einer Bordellbesitzerin – Ironie des Schicksals. Habt ihr die Grundausbildung erfolgreich gemeistert, liegt es nun in eurer Hand die Drahtzieher der Verschwörung ausfindig zu machen und sie in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Auf eurer langen Reise quer durch Bella Italia stellt Venedig zweifelsohne das spielerische Highlight dar.

Ubisoft muss geahnt haben, dass Non-stop-Assassin-Action den Spielfluss trüben und auf Dauer langweilig werden könnte. Um diesem Phänomen entgegen zu wirken, tauchen immer wieder perfekt getimte Missionseinlagen auf, welche für die nötige Abwechslung sorgen und die Motivationskurve stehts oben halten. Zum Beispiel seid ihr die erste Versuchsperson für da Vinci's wahnwitziges Experiment Menschen fliegen zu lassen. Hier wird besonders deutlich, dass sich Assassins Creed 2 selbst nicht all zu ernst nimmt und die Entwickler von Ubisoft durchaus Humor beweisen. Humor, der mich auch dank der überdurchschnittlich guten Synchronisation das ein oder andere Mal zum Lachen gebracht hat – doch dazu später mehr.

ALLES KÖNNEN, NICHTS MÜSSEN!

Am Meisten hat mich die Tatsache überrascht, dass Assassins Creed 2 von Ubisoft als Action-Adventure betitelt wurde und als Vertreter dieses Genres eine erstaunlich hohe Spieltiefe aufweist. Anstatt stupide von Attentat zu Attentat zu hoppeln und so seinen Rachedurst zu stillen, könnt ihr eure Aufmerksamkeit auch einer der vielen Nebenmissionen widmen. Ihr könnt euch beispielsweise Wettrennen mit Straßendieben liefern oder auf Bitte der Ehefrau ihren fremdgehenden Gatten vermöbeln. Doch hier gilt es Vorsicht walten zu lassen, denn wer denkt er könne wahllos Zivilisten verprügeln oder sonstige Strafdelikte begehen ohne die Konsequenzen zu tragen – hat sich gewaltig geschnitten. Deviantes Verhalten erhöht nämlich euren Bekanntheitsgrad und das heißt nicht, dass ihr zum „Italien sucht das Supertalent“-Star avanciert, sondern die Stadtwache euch ständig auf dem Kicker hat und ihr euch nicht mehr so frei bewegen könnt.

Um wieder vollends Inkognito in der Stadt herumgeistern zu können, habt ihr die Möglichkeit eure eigenen Flugblätter zu beseitigen oder einen Herold zu bestechen, damit er nur noch gute Nachrichten über euch verkündet. Und wem das immer noch nicht genug Abwechslung ist, der kann den großzügigen Samariter raushängen lassen und seinem Onkel Mario beim Aufbau der Stadt Monteriggioni finanziell unter die Arme greifen. Im Gegenzug zu euren generösen Spenden erhaltet ihr beim Kauf neuer Waffen oder Rüstungen, in derselbigen Stadt, entsprechende Preisnachlässe. Wie ihr sicherlich schon gemerkt habt, räumt euch Assassins Creed 2 für ein Action-Adventure unheimlich viele Freiheiten ein und theoretisch gesehen müsste man den Titel zusätzlich noch in die Schublade Rollenspiel packen – oder man lässt es bleiben und freut sich einfach über die gebotene Vielfältigkeit!

ITALIENISCH FÜR ANFÄNGER

Wie bereits erwähnt, bin ich der Meinung, dass bei der deutschen Synchronisation überdurchschnittlich gute Arbeit geleistet wurde und man sich nicht dem ständigen Zwang ausgeliefert fühlt, die Dialoge so schnell wie möglich wegdrücken zu müssen. Zugegeben: bei ein paar Nebendarstellern war die Wahl der Stimme ein Griff in die Toilette, aber die betreffenden Personen haben im Spiel eh nicht viel zu sagen, von daher nicht weiter tragisch. Besonders gut gelungen finde ich die italienischen Phrasen, welche die Charaktere immer wieder zum Besten geben und dadurch ein gewisses italienisches Flair versprühen. Zwar habe ich oft keinen blassen Schimmer, was da stellenweise für Sprüche vom Stapel gelassen werden, aber es hört sich aufjedenfall gut an.

Italienisches Flair versprüht übrigens auch die Grafik, denn die Städte Florenz, Venedig oder die Toskana wurden mit einer derartigen Detailverliebtheit gestaltet, so dass man wirklich das Gefühl vermittelt bekommt sich in Italien des 15. Jahrhunderts zu bewegen. Doch am beeindruckendsten ist immer wieder die Aussicht von einem gefühlt 100m hohen Kirchenturm, den man noch vor wenigen Minuten mit Leichtigkeit erklommen hat. Hier zeigt die Grafik ihr wahres Gesicht und brauch sich nicht in geringster Weise vor der Konkurrenz verstecken – aber das hat anscheinend auch schon der erste Teil eindrucksvoll unter Beweis gestellt und bedarf keiner weiteren Erklärung. Warum auch? Was soll ich noch großartig die ach-so-tolle Bilderpracht beschreiben? Und ich werde ganz bestimmt nicht damit anfangen aufzuschreiben, aus wie vielen Polygonen die Kirche in Venedig besteht. Lasst doch einfach die Bilder für sich sprechen.