Der Erfinder von Resident Evil Shinji Mikami macht mit dem Macher von No More Heroes Goichi “Suda51” Suda einen neuen “Horror 3rd-Person”-Shooter? Das kann ja nur gut werden! Oder? Große Namen sind nie wirklich schlecht für ein Spiel - und Shadows of the Damned ist gerade in dem Bereich gut bestückt. Irgendwie scheinen viele Spieler das aber gar nicht mitbekommen zu haben - weshalb viel zu wenig Menschen den Trip quer durch die Hölle mit dem andauernd quasselnden Johnson, Dämonenjäger Garcia Hotspur und einer nicht enden wollenden blutigen Spur cooler Ideen und natürlich toter Dämonen machen. Und das ist bei der Qualität dieses Meisterwerks trotz ein paar kleiner Fehler einfach nur eine Schande. Also: Vergrößert euren Johnson. Und lest den Test - oder Dämonen werden eure Freundin entführen und dazu verdammen, in der Hölle immer wieder zu sterben...
Alle Infos zum Höllen-Roadtrip

Plattform
Shadows of the Damned ist ein Konsolenspiel - und erscheint nur für die Xbox360 und die Playstation 3. PC'ler schauen also leider in die Röhre...
USK
Shadows of the Damned ist ab 18 freigegeben - und ungeschnitten. Folglich wird geflucht, zerplatzen Dämonenköpfe in Zeitlupe und spritzt das Blut aus abgeschossenen Armstümpfen. Und sexuelle Anspielungen gibt es an jeder Ecke.

Nur auf Englisch
Shadows of the Damned verfügt nur über eine ausgezeichnete englische Sprachausgabe - wer es will, kann deutsche Untertitel zuschalten.
Singleplayer only
Shadows of the Damned ist nur im Singleplayer spielbar. Einen Coop- oder sogar Multiplayer-Modus sucht man vergeblich.

Introducing the Actors...
Das Leben kann so schön sein: Da ist man Dämonenjäger, der coolste Mensch überhaupt und hat dazu auch noch einen verdammt genialen mexikanischen Akkzent. Leider hat Dämonenoberboss Flemming keine Lust mehr, dass man in Gestalt von Dämonenjäger Garcia die Dämonenlegionen andauernd aufmischt und grausam dezimiert, schickt also Dämonen los und schnappt sich dann selber Paula. Die Geliebte von Garcia. Noch fieser: Er lässt die Schöne immer wieder in der Hölle sterben. Da hat der böse Sack mit den drei Augenpaaren aber einen Fehler gemacht - wir werden uns rächen, die Schöne befreien und dabei die Hölle ein ziemlich Stück blutiger gestalten. Wir? Ja, wir. Denn obwohl Shadows of the Damned weder einen Coop-Modus noch einen Multiplayer bietet, ist Garcia niemals allein: Sein Kumpel Johnson ist nicht nur Ex-Dämon und Totenkopf, sondern übernimmt ganz nebenbei die Rolle des Sidekicks - und ist gleichzeitig noch je nach Bedarf und Knopfdruck Waffe, Fackel und Motorrad. Gut, selber fahren düfen wir leider niemals - aber bereits hier merkt man, was Entwickler Grashopper Manufactures erreichen wollte: Ein Spiel erschaffen, wo wir nicht mitten in der Hölle einen Stapel Sturmgewehre finden. Der dazu gar nicht von dem ganzen Gelichter benutzt wird. Stattdessen haben wir eben Johnson und mit ihm einen witzigen Begleiter und Erklärer. Und Erklärungen haben sind wirklich nötig...

Hell is... diffrent
So geht es also endlich richtig los: Ex-Dämon Johnson labert uns voll, wir haben einen von drei Schwierigkeitsgraden gewählt, die Hölle - liegt direkt hinter der Schallmauer - erreicht und werden die nun folgenden 7 (für ganz besonders fixe Dämonenjäger) bis 12 Stunden (für Dämonenjäger, die sich Zeit lassen und den höchsten Schwierigkeitsgrad wählen) andauernd umgehauen. Denn Shadows of the Damned verlässt sich nicht auf Bekanntes, sondern liefert gleich ganze Stapel an neuen Ideen. Die vielleicht coolste Idee: Die Hölle ist gar nicht so, wie wir uns die Hölle vorstellen. Irgendwie ist die Hölle sogar größtenteils ziemlich so, wie wir uns eine Stadt und ihre Umgebung vorstellen - nur eben höllischer und voller tödlicher Wesen. Ganz egal - wir laufen los, schießen ein paar Zombies schön blutig um und müssen gleich darauf lernen, dass es in der Hölle an ein paar Stellen dunkel ist.


Und höllische Dunkelheit ist nicht gut für Menschen: Nach kurzer Zeit ist unsere Wiederstandskraft dahin und wir bluten aus - da ist es sehr wichtig, schnell mit dem Lichtschuss für Licht zu sorgen. Den brauchen wir auch, um Feinde kurz zu lähmen oder in den zahlreichen Bosskämpfen. Und auch sonst werden wir immer wieder mit selbst alltäglichsten Dingen überrascht: Wir speichern an einem fliegenden Auge, dass immer sofort abhaut und einen dampfenden Haufen Scheiße zurücklässt, heilen uns mit Alkohol - in der Hölle gibt es keine Leberschäden - und müssen andauernd über die Plakate und die Kommentare lachen: Opernauftritt in der Hölle? Gibt es. Und sogar einen Bosskampf in der Oper. Wahlen auch - wobei Flemming der einzige ist, der zur Wahl steht. Manche Türen bekommen wir nur auf, wenn wir knubbelige Dämonen mit Gehirnen, Erdbeeren oder Augen füttern, die überall in der Nähe herumliegen - und natürlich rammen wir den Viechern die Dinger schön rein. Andere Türen können wir nur öffnen, wenn wir aus einem dunklen Bereich einen Schalter zerstören - der Dämonenschamhaare wachsen ließ. Kurz: Die Entwickler haben nicht nur eine kreative Fantasie, sondern schaffen es, uns konstant mit frischen Einfällen zu überraschen. Und das läuft so durch das ganze Spiel - kaum wurde eine Idee ein paar Mal gebraucht, kommt sofort die nächste krasse Idee.


Bloody Demons!
Trotzdem ist Shadows of the Damned immer noch ein Shooter - und zwar ein Shooter in der Tradition von Resident Evil. Folglich schauen wir Garcia über die Schulter, wechseln zwischen drei Waffen - Pistole, Maschinengewehr und Schrotflinte - und schießen die bösen Buben über den Jordan. Wie auch in Resident Evil gilt: Die gibt es in verschiedenen Sorten - und abseits normaler Dämonen gibt es natürlich mehr als genug Spezialversionen. Und dann wären da noch die Bossgegner. Cool: In Resident Evil kann man nicht laufen und schießen - in Shadows of the Damned können wir das sehr wohl, selbst wenn wir wirklich langsam sind. Noch cooler: Die normalen Dämonen sind natürlich meistens am besten per Kopfschuss loszuwerden, reagieren aber auch auf Beschuss realistisch. Und so krabbeln beinlose Dämonen auf uns zu oder stürmen mit nur einem Arm los - wenn sie uns trotz der engen Levels nicht fies umzingeln. Auch Spezialfähigkeiten werden von den Schergen der Hölle regelmäßig genutzt: Manche Dämonen können Lampen löschen, andere sind kaum zu verwunden und müssen erst durch Explosionen von Lichtfässern - Johnson dazu: “Dämonen in der Hölle mögen es dunkel. Also musste das Licht weg!” - ihrer Rüstungen beraubt und betäubt werden. Aber das ist noch nicht alles: Die Mechaniken rund um Licht und Schatten sind perfekt umgesetzt worden: Manche Dämonen sind mit Dunkelheit überzogen und müssen erst mit dem Lichtschuss verwundbar gemacht werden, dann wieder fließt Dunkelheit aus Händen oder Köpfen, die wir zerstören müssen. Während wir von Dämonen umzingelt und angegriffen werden. Man kann es also ganz einfach so sagen: Die Kämpfe rocken.


Bloody Demon Bosses!
Natürlich gehören auch Bosskämpfe zu Shadows of the Damned - und die haben es naturgemäß in sich. Zuallererst kommt das natürlich daher, dass Bosse einfach verdammt groß und tödlich sind. Und dann kommt es daher, dass jeder Boss seine eigene Taktik benötigt - wobei man dazu sagen muss: Die haben es auch in sich. Was alle Bosse gemein haben: Man muss sie irgendwie schwächen und dann kleine rote Blutgefäße abschießen - die brauchen die starken Bosse, um leben zu können. Gut, das klingt und ist jetzt wieder ein perfektes Beispiel für altbekanntes Design in Shootern, macht aber trotzdem genug Spaß. Und vor allem sind die Bosskämpfe mehrstufig und erfordern eine kluge Nutzung der Gegebenheiten. Manche Bosse löschen alle Lichter - die muss man vielleicht wieder anmachen. Man muss ausweichen, in Deckung hechten, milimetergenau schießen und immer mal wieder ein bisschen nachdenken. Zwei gigantische Viecher stapfen auf uns zu - aber vielleicht vertragen die die Dunkelheit nicht? Wir riskieren etwas - und sind die bösen Dämonen ohne großen Kampf losgeworden. Noch besser sind die oft absurden Gegner an sich: Ein Vogel, der andauernd “Fuck you!” kreischt, ein pinkelnder Reiter mitsamt Pferd oder ein Typ mit einer furchtbaren Schneidwaffe sind cool - der Tod in Gestalt mumifizierter Frauen ganz sicher auch.


My precious little Gems...
Abseits vom Schnetzeln, im wahrsten Sinne für die eigene Gesundheit zu saufen und lachen tun wir noch einiges mehr: Wir sammeln Dinge. Denn auch in der Hölle braucht man Zahlungsmittel - in dem Fall wären das weiße Diamanten, für die wir uns an Automaten und einem sympathischeren Dämon (der glatt unsere Hand runterschlucken würde und das Gekaufte auskotzt) all die Dinge kaufen, die das Leben einfacher machen. Waffen gibt es allerdings nicht im Shop - wir haben Johnson, und den können wir nur mit nach Bosskämpfen bekommenen blauen Diamanten in vom Spiel vorgeschriebener Reihenfolge aufrüsten. So wird unser Maschinengewehr oder die Pistole immer größer und tödlicher, verfügt über neue Funktionen und sorgt permanent für Abwechslung. Außerdem können wir die Stats von Waffen und Garcia mit roten Diamanten - gibt es zu kaufen oder in versteckten Ecken zu finden - verstärken.


It’s a beautiful Hell?
Die ganze Reise quer durch die Hölle ist nicht nur spielerisch abwechslungsreich und überrascht mit kleinen Einlagen wie Kanonensequenzen - nachdem Johnson eine Sex-Hotline angerufen und sich leicht vergrößert hat... - oder 2D-Levels, sondern sieht auch noch gut aus. Gut, die Levels sind sehr linear, manche Animationen ein wackliger Graus und Crysis 2 sah auch besser aus. Trotzdem passt die ganze Optik von Shadows of the Damned - und in Kombination mit der Musik, der ganzen Inszenierung und den vielen kreativen Einfällen wird man definitiv begeistert sein. Shadows of the Damned ist ein B-Movie im Stile von Quentin Tarantino und das sieht man auch an der Optik - und den vielen überraschenden Umgebungen: Wir kämpfen auf einem Rummelplatz, schlachten Dämonen in der Oper oder springen in Portale in Plakaten, die statt der Geschlechtsteile von Frauen - oder weiblichen Dämonen? - da sind. Einziger richtiger Makel: Immer wenn wir ein neues Spiel starten, müssen wir den Prolog nochmal spielen - und der ist eben bevor man die Schwierigkeit und Co. wählen kann oder die Reise endlich losgeht. Und dazu ist er auch noch noch ziemlich lang. Beim ersten Mal ist er noch genial, zieht uns in die Welt hinein - danach wird man nur noch genervt...
Shadows of the Damned - It fucking rocks!
Shadows of the Damned ist sicher ein Spiel, an dem sich die Geister scheiden: Es ist oft laut, vulgär, brutal und kindisch. Aber direkt darauf ist es auch erwachsen und überraschend - und außerdem ist vulgär und brutal für mich als “Quentin Tarantino”-Fan sowieso etwas Großartiges. Und da passt die Musik, die Charaktere, die ganze Inszenierung und das Set-Up perfekt. Shadows of the Damned ist großartig - da können ein paar gruselige Animationen und lineare Levels nichts dran ändern. Denn wo heute jedes Spiel Altbekanntes kopiert, Neuerungen nicht nötig und Kreativität komplett bedeutungslos geworden sind, verdient Shadows of the Damned den größten Respekt: Für ein Gameplay, dass immer wieder konstant überrascht. Für eine Inszenierung, die einfach nur abgedreht ist. Für all die verrückten, abgedrehten und kreativen Ideen. Und für all die vielen kleinen Details, die Überraschungen und fiesen Anspielungen. Natürlich kann man kleinere technische Schwächen herauspicken, auf dem eigentlich fehlenden Wiederspielwert herumreiten oder sich zum Moralapostel aufschwingen und gegen sinnlose Gewalt und Schlauch-Level protestieren. Und ja - es ist schade, wenn man nur kurz dran denkt, was machbar gewesen wäre, wenn man bloß all diese coolen Mechnaiken in einer etwas offeneren Levelstruktur hätte nutzen können. Egal. Der eine wird Shadows of the Damned lieben, andere Spieler finden es vielleicht zu abgedreht. Trotzdem ist Shadows of the Damned auch objektiv ein tolles Spiel - und subjektiv ein großartiges Meisterwerk. Ich freue mich auf ein mögliches Wiedersehen mit Garcia, Paula und natürlich Johnson. Und spiele es nochmal...
Shadows of the Damned ist großartig.

geschrieben von Sir Uruk.Inc