Die Wii U braucht eine Killer App. Ein Must-Have Titel. Dringend. Ein Spiel, das mit perfekt durchdachtem Gameplay, einem ganz eigenem Stil und viel Charme begeistert, aber gleichzeitig auch technisch überzeugen kann. Game & Wario ist keines dieser Dinge. Dafür spottet diese Minispiel-Sammlung jeder Beschreibung.

Die Wario Ware-Spiele waren schon immer so ein bisschen Satire der Videospielindustrie. Wario will schnelles Geld machen und schustert deswegen irgendwelchen Mist zusammen und will es verkaufen. Gerade bei Nintendo, die im Zeitalter von Angry Birds und iOS Gaming immer noch 40 Euro teure Handheldspiele veröffentlichen, wirkte Wario Ware wie eine selbstüberzeugte Parodie auf den Stand des Mediums. Doch bei Game & Wario habe ich das Gefühl, dass sich der Kreis geschlossen hat und das Spiel unabsichtlich schlecht geworden ist.

Es gibt eine neue Konsole auf dem Markt. Man bedient mit einem Gamepad und spielt Spiele gleichzeitig auf dem Touchscreen und den Fernseher. Da sitzt Wario zuhause und denkt sich... Moment! Damit kann ich doch sicher Geld verdienen! Also machen Wario und seine Freunde in Diamond City eine Reihe von Spielen für das neue Gerät um damit ganz groß abzusahnen.

Game & Wario ist eine Minispiel-Sammlung, die sich an der Ästhetik der Wario Ware-Serie bedient. Ich sage Ästhetik, weil das Gameplay nicht mehr viel mit dem Tempo und Nonsens der Vorgänger zu tun hat. Der Aufhänger sind dieses mal nicht die “Du hast 3 Sekunden um dir den Finger in die Nase zu stecken”-Micro Games sondern Minispiele die so auch in Nintendo Land hätten vorkommen sollen können. Es gibt 12 Singleplayer Minispiele und 4 Multiplayer-Games.

Die Spiele

Arrow hat leider nichts mit dem grünkapuzigen Superhelden zu tun. Stattdessen macht Wario mit Pfeil und Bogen Jagd auf kleine Roboter. Dazu haltet ihr das Game um 90 Grad gedreht in Richtung des Bildschirms, zielt und schießt die kleinen Viecher ab. Das zeigt zwar was mit dem Gamepad möglich ist, hält einen aber leider nicht lange bei der Stange.


In Kung-Fu springt eure Spielfigur wie ein Hulk auf dem Pogostick hoch in Luft und muss dabei auf Säulen und Brücken landen. Steuern tut ihr das ganze in dem ihr das waagerecht gehaltene Wii U Gamepad in verschiedene Richtungen neigt. Um korrekt zu landen, müsst ihr dabei allerdings von oben auf das Gamepad schauen, wodurch die Action auf dem Fernsehbildschirm irrelevant wird. Einmal abgesehen davon ist es keine sonderlich angenehme Postition zum Zocken.


Das mit Abstand beste Spiel in Game & Wario trägt den simplen Namen Gamer. Der junge Zocker 9-Volt will abends im Bett noch ein bisschen heimlich sein Lieblingsspiel weiterspielen. Aber aufgepasst! Seine Mutter schleicht um sein Zimmer herum und stellt sicher, dass er genau das nicht heimlich tut. Was folgt, ist die brillianteste Nutzung des Gamepads in einem Single-Player Spiel ever. Auf dem Bildschirm des Wii U Gamepad spielt ihr eine Reihe von klassischen Wario Ware Mini-Games, die alle nur ein paar Sekunden lang gehen. Auf dem Fernseh-Bildschirm liegt 9-Volt im Bett. Wenn ihr bemerkt, dass sich seine Mutter nähert, z.B. durch Schritte im Gang oder ein Flimmern im Fernsehr, müsst ihr durch Drücken der Schultertasten das Spiel pausieren und euch unter die Decke verkriechen. Doch je länger 9-Volt so tut als würde er schlafen, desto müder wird er. Wenn ihr euch also zu lange versteckt, schläft er irgendwann ein. Ihr müsst also die Bewegungen seiner Mutter genau im Blick haben, aber gleichzeitig natürlich auf den kleinen Bildschirm achten, denn bei Wario Ware Minigames hat man kaum Zeit weg zu sehen.



Es ist so simpel, aber auch so brilliant, hier ist echtes Multitasking gefragt. Gamer muss man mal erlebt haben, so sehr der Rest des Pakets auch enttäuscht.

Ski ist... im Prinzip das selbe Spiel wie F-Zero in Nintendo Land. Nur langweiliger. Ihr haltet das Gamepad senkrecht vor euch und lenkt euch so durch einen Slalomkurs.

In Design müsst ihr einem verrückten Wissenschaftler dabei helfen Roboter zu bauen. Klingt an sich doch ganz spannend, nicht? FALSCH! Denn dieses Spiel besteht nur daraus, dass euch der Professor Anweisungen gibt, was für Formen ihr mit dem Stylus auf den Touch Screen zeichnen sollt, wie z.B. eine “5cm lange gerade Linie” oder ein “Dreieck mit einer Seitenlänge von 3cm”. Das ist ungefähr so aufregend wie es klingt und am Ende gibt es Punkte abhängig davon, wie gut ihr den Anweisungen gefolgt seid. Geometrie als Videospiel, Huzzah!

Die kleine Hexe Ashley bekommt ebenfalls ein eigenes Spiel. Hier steuert ihr sie durch Neigen des Touchpads durch einen sehr simplen Parcour. Simpel ist noch zu nett, der Flug auf Ashleys Besen ist eine videospielgewordene Schlaftablette.

Die restlichen Spiele kommen nicht wirklich besser weg. Im besten Fall sind es harmlose Spielereien, denen aber einfach der Charme von Nintendo Land fehlt.

Multiplayer

Dann gibt es noch eine Handvoll Mehrspieler-Minispiele und eine Sache muss ich diesen hoch anrechnen: Ihr braucht keine zusätzlichen Geräte um ihn zu spielen. Wo Nintendo Land sein volles Potential erst entfaltet wenn ihr noch vier Wii-Motes mit ins Spiel bringt, funktioniert der Mehrspieler-Part von G&W allein mit dem Gamepad. Das klingt erstmal ziemlich merkwürdig und das ist es auch.

Das “normaleste” Spiel unter den vier ist Island. Hier treten bis zu 5 Spieler gegeneinander an in einem Minispiel, das sich am besten als eine Mischung aus Boom Blox und Angry Birds mit einem sehr hohen Glücksfaktor beschreiben lässt. Jeder Spieler hat eine Ladung “Fronks”, die mit einem Touchscreen-gesteuertem Katapult auf kleine Inseln die unterschiedlich viele Punkte bringen. Allerdings gibt es so viele schwer einzuschätzende und kontrollierbare Faktoren, dass Gewinnen mehr auf Zufall als auf Skill basiert.

Fruit ist eine an sich recht clevere Idee: Ein Spieler steuert mit dem Gamepad einen Dieb, der durch eine Menschenmasse wandert und dort Früchte stehlen soll. Die anderen Spieler achten dabei einfach auf den Bildschirm und versuchen ihn zu entdecken. Der Dieb hat dabei verschiedene Möglichkeiten sich zu verstecken, indem er Geheimgänge nutzt oder sich einfach unter’s Volk mischt.
Am Ende des Spiels gibt jeder der “Agenten” seinen Tipp ab, wer von den Figuren denn jetzt der Dieb war. Eine clevere Idee, aber weil es nur drei Karten gibt, ist sie schnell ausgelutscht.

Umständlich und nicht sonderlich schön

Der Aufbau von Game & Wario ist, im Mangel eines passenderen Wortes, sehr unpraktisch. Für die Einzelplayer-Spiele erstellt sich jeder Spieler ein eigenes Profil inklusive Profilfoto, das auf euren Wunsch nochmal extra beknackt ausfallen darf. Wie in Wii Fit gibt es für jedes Spiel eine Bestenliste in der ihr euch mit anderen Spielern (die das Spiel auf dem selben Gerät gespielt haben wie ihr) vergleichen könnt. Allerdings könnt ihr die Spiele nicht einfach nacheinander bestreiten. Jeder Spieler muss sich für den Einzelspieler-Modus seperat einloggen und die Minispiele eines nach dem anderen freischalten.

Ähnlich ärgerlich ist es im Multiplayer Modus. Profile gibt es hier nicht. Ihr müsst euch einfach nur merken, welche Farbe ihr habt.

Die Präsentation ist nichts halbes und nichts ganzes. Zwar bekommen alle Spiele ein nettes Cartoon Intro und manchmal auch Outro serviert, hier fehlt allerdings jegliche Sprachausgabe. Schade, denn gerade von Charles Martines Wario hätte ich gerne mal ein paar längere Sätze gehört.

Auch optisch hat das Spiel nicht viel zu bieten und wirkt zusammenhanglos. Miis werden merkwürdigerweise überhaupt nicht benutzt, obwohl sie sich für manche Spiele gut eigenen würden. Es würde außerdem dabei helfen das Spiel optisch etwas zusammengehöriger zu gestalten.