Call of Duty: Ghosts – Singleplayer-Review: Nicht die Geister, die wir wollten

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Stell dir vor, es ist Krieg. Die USA sind hilflos und am Boden, ein Zusammenschluss südamerikanischer Staaten ist haushoch überlegen und alles sieht finster aus. Das schreit natürlich nach einem heorischen Call of Duty, in dem man das tut, was man sonst auch tut: Lineare Level abrennen, Skripte erleben, Überraschungen und cineastische Momente bestaunen und endlose Feindhorden ummähen. Das klingt für Fans ebenso gut wie das Versprechen auf eine schöne neue Grafik, neue Möglichkeiten und eine großartige sowie von einem Oscar-Preisträger geschriebene Geschichte, machte aber auch schon beim Reveal nervös: Wenn man Hunde und Fisch-KI als große Neuerungen zeigt und die Grafik gar nicht so gut aussieht – was genau wird der Singleplayer von Ghosts denn jetzt Großartiges bringen? Die Antwort gibt es hier im Test.

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Bombast zum Start

Wenn man uns fragen würde, was der todsicher dümmste Weg ist, sich als Supermacht in allertiefste Probleme zu manövrieren, dann würden wir den Wechsel zum Kommunismus gefolgt von der Stationierung von Atomwaffen im All vorschlagen. Teil eins machen die USA in Ghosts zwar nicht; Teil 2 aber sehr wohl. Das Resultat: Ein Spezialeinsatzkommando der Föderation – ein kommunistischer Zusammenschluss von südamerikanischen Ländern – kapert die Station per Raumschiff, bombt die halbe USA weg und wir haben den Salat. In der Gestalt des jungen Logan erleben wir die Bombardierung aus dem All ebenso selber wie die Kaperung der Station als halbwegs hilfloser Verteidiger – das ist ein ordentlicher Anfang, der in Bezug auf Bombast definitiv das eine oder andere Spiel dem Erdboden gleichmacht und dabei die Logik gleich mit wegbombt.

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Von der Technik gebremst

An und für sich ändert sich an der altbewährten “Call of Duty”-Formel aber weder zu Beginn noch danach etwas: Wir laufen, schwimmen oder schleichen in den einige Jahre nach dem Auftakt stattfindenen Missionen einen Levelschlauch entlang und ballern alles um, was sich uns in den Weg stellt; ab und an gibt es dann noch große Skriptereignisse, auf die selbst Michael Bay neidisch wäre. Und das ist zwar an sich nicht schlecht und hat in den vergangenen Jahren gut funktioniert – es hat aber heute die Technik als Feind: Wir haben das Jahr 2013 – Ghosts sieht leider selbst in den höchsten Einstellungen schwächer aus als Battlefield. Und wir reden von Bad Company 2 aus dem Jahr 2010. Was bei einem Strategie- oder Taktiktitel egal oder vernachlässigbar ist, ist für ein Spiel mit cineastischem Anspruch ein halbes Todesurteil. Die Waffen klingen dünn,  die Kulissen sehen meist erschreckend altmodisch aus und reagieren auf Beschuss in etwa so, als ob sie aus Titan gefertigt und dazu noch von akuter Lähmung befallen wären – das drückt auf die Atmosphäre und schadet dem Spielerlebnis massiv, da eben dieses auf Atmosphäre, Skripten und mitreißender Highspeed-Action basiert. Im Vergleich zu Battlefield 4 kann man direkt von einem Generationsunterschied sprechen. Und das ist schade, weil die Gefechte gegen die Horden dummer – aber durch die Menge teils recht gefährlicher – KI-Schergen ebenso Laune machen wie der gute Flow, der durch die gelungene Mischung aus explosiven und ruhigen Momenten entsteht.

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Schöne Missionen

An einigen Stellen schafft Ghosts es glücklicherweise auch, uns auch mal zu überraschen. Wenn wir im Dschungel nur mit einem Herzschlagsensor, Messer und Pistole unterwegs sind und uns durch Feindgruppen durchschlagen müssen, dann ist das nicht nur spaßig, sondern bietet endlich auch neue Möglichkeiten. Alternative Routen und die Entscheidung, ob man leise meuchelt oder ein Gefecht riskiert, machen diesen Teil der Mission zu einer wunderbaren intensiven Angelegenheit – so etwas würde man sich öfter wünschen, weil man auch mal scheitern kann und weil man endlich mehr tun muss, als 80 Feinde umzuschießen. Entsprechende Freiheiten sind sonst viel zu selten möglich, da man brav dem Truppführer folgt, sich versteckt oder auf die Gegner ballert. Auch der Missionsteil, wo wir den sonst sträflich vernachlässigten Hund Riley steuern und uns im Gras verstecken müssen, macht – selbst wenn hier alles streng linear ist – viel Freude. Große Skriptevents wie ein Dammbruch und die Überflutung einer Stadt machen dazu auch optisch einiges her. In solchen und ähnlichen Situationen ist Ghosts ein toller Shooter, der uns mitreißt und dem großen Namen trotz schwacher Optik gerecht wird. Die teils exzessiv eingebauten Schleichmissionen sind aber nach der x-ten Wiederholung nichts Besonderes mehr – in Modern Warfare waren wir hin und weg; in Modern Warfare 2 fanden  wir es cool und seitdem ist es leider nur netter Standard, da sich entsprechende Einsätze einfach abgenutzt haben.

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Rundreise durch Amerika

Serientypisch darf man sich – meist in der Gestalt von Logan, der mit seinem Bruder im Schlepptau unterwegs ist – durch Level aller Art schießen. Städte, Militärbasen und der Dschungel sind Schauplätze, die zwar nicht unbedingt neu sind, aber Raum und Platz für gute Action nach dem althergebrachten Schema sowie viele Details bieten. Das Problem an der Sache ist nur, dass die Geschichte einen denkbar schlechten Job macht, die einzelnen Gebiete zu verknüpfen: Es gibt zwar einen bösen Schurken, einen Vater, einen Hund und auch Momente, die direkt darum betteln, dramatisch ausgeschlachtet zu werden – die Chancen und Möglichkeiten werden aber nur zu selten genutzt. Die Charaktere sind trotz Bezügen zu ihrer Vergangenheit platt und ohne echte Persönlichkeit. Schlimmer noch: Man bekommt teilweise das Gefühl, dass Chancen für Drama und Emotionen komplett links liegengelassen werden. Ein Besuch im alten und zerstörten Familienhaus läuft beispielsweise so schnell und unspektakulär ab, dass man kein “Mass Effect”-Fan sein muss, um etwas von einer vergebenen Chance zu reden. Und Logik sollte man nach dem Beginn auch im späteren Spielverlauf nicht erwarten – oder würdet ihr als letzte riesige Supermacht eine neue Raumstation mit Atomwaffen bauen, nachdem die den letzten Besitzern solche Probleme gemacht hat? Eben.

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Auf der Suche nach Neuerungen

Natürlich kann man sich nun fragen, wo die Neuerungen sind. Die für Serienkenner und -Veteranen bittere Antwort: Call of Duty: Ghosts ist bis zu den Haarwurzeln Call of Duty. Lineare Levels, Railgun-Sequenzen, Schleichen, Tauchen, Ballern und Drohnen steuern kennt man schon. Und es gibt auch fast keine Neuerung abseits davon. Gut – man kämpft mal in der Schwerelosigkeit, steuert einen Helikopter und einen Panzer und darf auch mal an einer Hochhauswand kämpfen. Speziell der Helikopter- und der Panzerausflug sind dabei aber Tiefpunkte, weil die Steuerung grausam ist (wenden ist mit dem Heli quasi unmöglich…) und der Panzer sich in etwa wie ein Jeep steuert und wie ein Buggy beschleunigt. Das versprechen, dass die USA als Underdog im Krieg und unterlegen seien, kann Call of Duty nicht erfüllen – Flugzeugträger, Black Hawks und große Truppenmengen gibt es immer noch. Eine vergebene Chance ist es – vor allem, wenn man bedenkt, wie gut der kleine Schleichabschnitt im Wald funktioniert hat – allemal. Am Ende fühlt sich die mit vier Stunden sehr kurze Kampagne so an, als ob die Entwickler ein Best Of der alten Spiele machen wollten und übersehen haben, dass nicht nur all diese Dinge schon da waren, sondern auch in letzter Zeit teils besser gemacht wurden.

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Technik zum Verstecken

Machen wir es kurz und schmerzlos: Call of Duty: Ghosts ist kein “Next Gen”-Spiel. Technisch ist es unter dem Durchschnitt – und die angeblich neue Engine ist eine Mogelpackung. Wozu man auf dem PC zwingend 64 Bit und eine DirectX11-fähige Grafikkarte braucht, wissen vermutlich nicht einmal die Entwickler. Die Gegner sind doof und auch der gute Soundtrack rettet die schwachen Explosionen und Waffensounds nicht davor, enttäuschend zu klingen. Auch schöne Animationen helfen genau so wenig wie der Umstand, dass einige Levels wirklich gut aussehen – der technische Eindruck ist durchwachsen und die Grafik einfach veraltet. Grade graubraune Innenräume zeigen die Schwächen der Beleuchtung und niedrig aufgelöste Texturen ebenso deutlich wie die Missionen, wo man das Bild mit einem Graufilter überzieht.

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Fazit: Geisterhafte Neuerungen reichen nicht

Nach all der Kritik muss man es vermutlich explizt betonen: Call of Duty: Ghosts ist im Singleplayer kein schlechtes Spiel. Es ist aber auch kein Spiel, das man gespielt haben muss. Es ist – so hart das klingen mag – ordentliche Standardkost.  Fans der Vorgänger erleben an allen Ecken und Enden ein Déja-Vu nach dem nächsten und die Geschichte toppt was Sinnlosigkeit angeht die Vorgänger und alle anderen Military Shooter um Welten. Die schwache Technik ist am Ende der Punkt, an dem Ghosts hilflos zusammenbricht – Grafik ist bei cineastischen Erfahrungen mit das A und O. Wer sein letztes Call of Duty 2010 gespielt hat, kann gerne zuschlagen – oder sich einen älteren Serienteil holen, der etwas billiger ist und vermutlich eine bessere Geschichte hat. Eine Enttäuschung ist Ghosts im Singleplayer leider deshalb, weil der Mut zu spielerischen Neuerungen eben so wie eine gute Geschichte oder herausragende Technik fehlen. Es ist nunmal ein Call of Duty durch und durch – nur ohne Neuerungen, Mut zur Innovation oder moderner Technik. Und irgendwann ist nach X Wiederholungen nun der Moment gekommen, wo die Luft mehr oder weniger endgültig raus ist und man sich verzweifelt nach neuen Ideen und Impulsen sehnt.

7/10

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