Die Pandemic Studios sind jetzt Geschichte - eine traurige, für viele Fans ihrer Spiele eine bittere Wahrheit. Verabschieden sie sich aber mit einem großartigen Knall oder einem lauen Lüftchen aus dem Hintern eines fiesen Wehrmachtssoldaten?
Es gibt einfach nicht genug Open-World-Spiele. Und erst recht nicht genug, die im Zweiten Weltkrieg in Paris spielen. Und keine Spiele, die wie Sin City aussehen. Und – ehrlich gesagt – es gibt nur ein einziges Spiel, dass dem geneigten Spieler diese Wünsche erfüllen kann: The Saboteur von den Pandemic Studios. Wir haben uns durch das von fiesen Nazis besetzte Paris, Le Havre und Saarbrücken gekämpft, und verraten euch unsere Eindrücke – und warum wir nicht genug von diesem Spiel bekommen können.
Getting bloody started
Zu Beginn sitzt Sean Devlin in einem Pariser Nachtclub, säuft sich mehr oder weniger die Hucke voll und schaut bedrückt den knapp bekleideten Tänzerinnen zu. Der Grund? Der irische Rennfahrer ist deprimiert, da er in seinem ersten Rennen nicht nur von einem fiesen Obernazi mit oberfiesen Mitteln um den eigentlich hochverdienten Sieg gebracht worden ist, sondern weil ein Streich von ihm und einem Freund damit geendet hat, dass besagter Obernazi diesen erst vor unseren Augen gefoltert und dann erschossen hat. Und weil die Wehrmacht Paris besetzt hat.
Und sowas ist in der Masse – mit Verlaub – einfach scheiße. Als sich also ein Typ zu uns setzt, und mit grausigem französischen Akzent anfängt, uns zu eröffenen, dass man etwas gegen die deutschen Besatzer unternehmen müsse, und er von der Resistance sei, sind wir mehr oder weniger sofort bereit, den Feinden richtig fest in den Hintern zu treten. Unser erster Job: Eine Tankstation in die Luft sprengen. Und dabei erleben wir all die Dinge, die The Saboteur zu etwas ganz Besonderem, ja direkt Außergewöhnlichen machen.
Blut und Morde
Als wir auf die Straße treten, zeigt sich die Welt in tristem Schwarz und Weiß. Und natürlich ganz vielen Grauabstufungen und einigen Farbtupfern – rote Fahnen, gelbes Licht, Blutspritzer. Die gibt’s nämlich, als wir unseren ersten Kampf bestreiten – einen Faustkampf gegen ein paar „Krauts“. Wir können schnelle Schläge ausführen, blocken und harte Schläge landen. Und auf einem am Boden rumliegenden Feind herumtrampeln. So weit, so Sin City. Dann steigen wir ins Auto, und brettern durch die offene Stadt los. Am Ziel angekommen - vor der Tankstation – gibt’s erstmal eine Sequenz und Kamerafahrt, die uns zeigt, was wir tun sollen. So weit, so GTA.
Und dann klettern wir behände an der Fassade eines Hauses hoch, rutschen per Telefonleitung in die Sicherheitszone und kauern im Schatten. So weit, so Assasins Creed. Und dann legen wir ein paar Stängelchen Dynamit an einen der Tanks, und rennen, was das Zeug hält, während hinter uns Explosionen losdonnern und die Besatzer wie wild Alarm schlagen, um sich ballern und wild fluchen. Und während die Farben in das Gebiet zurückkehren – als Hommage an den wiedererwachten Kampfgeist der Bewohner. So weit, so Saboteur. Übrigens muss man aus einem GTA-typischen Suchradius-Kreis aus der GTA-typisch am linken unteren Bildschirmrand angebrachten Minimap flüchten, um die Feinde abzuhängen. Und wie in GTA gibt’s mehrere Fahndungsstufen. Kommen zu Beginn nur ein paar trantütige Wehrmachtssoldaten mit besseren Wattebällchen an den Schauplatz unseres Mordens, jagen uns bei höherem Fahndungslevel schnell Zeppeline und Panzer durch Paris – Überleben wird so beinahe unmöglich. Kümmert uns aber nicht wirklich – denn wir sind ein Saboteur und bereits geflüchtet. Und außerdem mögen wir ja Explosionen. Und Autorennen auch – von denen gibt’s es nämlich auch einige im Spielverlauf.
Das genialste Zitat aller Zeiten:
"Und sehr bald werden auch französische Frauen die Vorzüge einer guten deutschen Bratwurst zu würdigen wissen!"
Wer bis jetzt den Artikel gelesen hat, dem dürfte klar sein, dass The Saboteur viele Dinge von großen Vorbildern nimmt, und alles fein vermischt. Nur – macht so ein Mischmasch noch Spaß? Oder wirkt alles lieblos hingeklatscht? Man kann es einfach mal so sagen: The Saboteur macht keine Sache so gut, dass es in dieser Genredisziplin zur neuen Referenz wird – abseits des Art-Designs vielleicht. Aber – und das ist die einzige Sache, die hier wirklich zählt – alles, was man machen kann und was man macht, macht Spaß. Sehr viel Spaß sogar.
Weitere Zitate:"Vernischte die Deutschen!"
"Diese Hüresohn muss sterbe!"
Neben einer zwar primär aus Klischees, Rachegelüsten, Sex und „Kill the Krauts“ aufgebauten Geschichte, die aber dank gelungener Inszenierung und sympathischer Helden extrem fesselt, sind es die kleinen Details, die begeistern. Mehr als 1300 Ziele sind über die frei befahrbare Spielwelt verteilt – vom Munitionsdepot über einen General oder Propagandalautsprecher ist alles vertreten – und warten nur darauf, von uns gesprengt oder gemeuchelt zu werden. Und das macht Spaß. Das macht sogar so viel Spaß, dass man es sich fast nicht vorstellen kann – man muss es einfach mal erlebt haben.
Und nein, anders als in vielen anderen Spielen ist das keine spaß- und sinnbefreite Aufgabe, sondern kann nach Lust und Laune zum Zeitvertreib gemacht werden. Anstatt also geradlinig von Mission zu Mission zu hetzen, verbringt man manchmal ganze Stunden damit, die Besatzungsmacht und ihre Ausrüstung zu dezimieren. Allerdings passieren oftmals unvorhergesehene Dinge – so wird man schon Mal von einem zusammenstürzenden Wachturm erschlagen, ein Feind wittert Ärger und schlägt Alarm oder der General flieht schreiend und voller Panik vor euch. Oder ihr springt bei der Flucht vor diversen Schergen zu kurz und stürzt in den Tod. Ja, das klingt spaßig und ist es auch. Meistens. Bis auf die Tode.
Sammler, du musst sammeln...
Ansonsten gibt es auch noch so einiges zu tun: Fahrzeuge sammeln, Kohle scheffeln, alle Waffen sammeln, der tollen Musik zuhören, alle Wahrzeichen von Paris besteigen, Glücksspiele und Nebenmission erforschen, und alle Perks auf Gold bringen und und und... Perks? Ja, wer eine gewisse Anzahl Feinde mit einer Waffenklasse erschießt, der darf sich über eine höhere Zielgenauigkeit oder auch mehr Schaden freuen. Oder auch besser aus dem Schatten meucheln. Das ist insofern wichtig, als man in der Uniform eines deutschen Generals überall reinkommt – entspannend, wenn man mal so schnell einen zu meuchelnden deutschen General zur Hand hat.
Allerdings muss man auch etwas kritisieren: Ja, ein sprintender General ist unglaubwürdig. Aber wenn man 5 Minuten lang dahingelatscht ist – das Spiel spricht davon, dass man „wie ein Deutscher geht“ - dann kann der Tod aufgrund eines Typen, der plötzlich Alarm schlägt – weil wir kurzzeitig zu lange in seinem Blickfeld waren - doch sehr frustig werden. Ansonsten beeindruckt die Welt mit vielen kleinen Details, Gegner, Waffen und Fahrzeuge sind eine Mischung aus Realität und Fiktion. Und die Beschreibungen der Waffen oder Autos beim Händler können – wie viele der Gespräche – schon mal für einen mittelschweren Lachkrampf sorgen. Und das übrigens im Guten wie im Schlechten...
Technik aus dem Zweiten Weltkieg?
Wenn man dem Spiel eineinhalb Dinge vorwerfen will, dann Grafik und KI. Ja, die Schatten sind bei weitem nicht so pixelig wie bei GTA4, dazu läuft das Spiel um Längen besser. Aber besonders die hellen Bezirke sehen einfach nur veraltet und altbacken aus. Während die Detailarmut in den in Grautönen gefärbten Bezirken nicht auffällt, und diese mit den kontrastreichen Farbtupfern sogar teils extrem genial aussehen, ist besonders die mangelnde Sichtdistanz in den befreiten Gebieten ein Ärgernis. Und zwar ein so großes, dass man die Gebiete eigentlich gar nicht mehr befreien will. Denn wo in besetzten Gebieten coole Licht- und Regeneffekte, klasse Schatten und Farbtupfer für Begeisterung sorgen, fehlt das in befreiten Gebieten. Weniger ärgerlich, dafür aber aber manchmal etwas verwirrend: Die KI. Da steht ein Feind im Wasser, da überrollt ein Panzerwagen mit Verstärkung die vor kurzem eingetroffenen Truppen, da springt ein Soldat in den sicheren Tod oder legt sich eine Granate in die Unterhose. Und Deckung ist auch nicht unbedingt die Stärke der Feinde. Aber was ihnen an Klasse fehlt, das machen sie mit Masse, Kamikazeaktionen und teils absurden Waffen wieder wett. Und mit Kommentaren der Marke „Den irischem Hurensohn reiße ich das Herz raus!“
It was about fucking bloody gloriuos time! In der Theorie könnte man als kritikfreudiger, an Tabellen und Schemas hängender Wertungsfanatiker The Saboteur eigentlich einen ziemlich fiesen und unfairen Verriss aufs explodierende Auge drücken. Denn alles ist irgendwie schon mal irgendwann in besser dagewesen, in polierter. Aber – und genau da wird es etwas kompliziert – das stört mich nicht. Absolut nicht. Denn erstens hat noch kein Spiel all seine tollen Elemente so geschickt vermengt und vermischt, dass man einfach nicht daran denkt, dass ein Spiel einen Aspekt für sich genommen besser gelöst hat. Und zweitens macht das Spiel als Spiel eigentlich mehr oder weniger alles richtig, was es richtig machen kann. Es sieht geil aus, es hat eine interessante, großartige, extrem motivierende und immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwartende Geschichte abseits des üblichen Patriotismus. Und es regt einen immer zu neuen Taktiken an. Sprenge ich jetzt etwas, um für Ablenkung zu sorgen? Verkleide ich mich als General, und versuche dann, durch den Vordereingang zu marschieren? Oder klaue ich mir einen Panzer und lege den Stützpunkt in Schutt und Asche? Wie man vorgeht, kann man bei beinahe jeder Mission entscheiden. Und erst die Missionen – Kampf im abstürzenden Zeppelin, in Katakomben, auf Dächern, Autorennen. Und erst das Finale – zum Niederknien. Kurz und gut: Das alles macht einen Heidenspaß. Und wenn die Entwickler eine Mission richtig massiv durchgeskriptet haben, dann könnte die auch gleich im nächsten Hollywood-Blockbuster als Finale dienen. Es gibt viel zu tun, viel zu erforschen, endlich mal einen innovativen Grafik-Stil, eine gute, aber klischeehafte Story. Und – was am meisten zählt – es macht einfach nur einen saugroßen Haufen Spaß. Und genau deshalb ist The Saboteur eines der Spiele, die man jedem Spieler nur wärmstens empfehlen kann. Und genau deshalb ist es auch in meinen Augen eines der Spiele, die der Grund sind, warum man spielt: Weil es ein Werk ist, dass voller Ideen und Herz ist; weil es einfach Spaß macht. Und weil man da das tun kann, was man sich schon immer gewünscht hat: Ein einsamer Held in einem gigantischen Paris im Zweiten Weltkrieg zu sein. Und endlich mal alles wirklich richtig in die Luft zu sprengen. Und jetzt muss ich noch was in die Luft sprengen... |
Kurzfazit:Sehr gut
Ein extrem spaßiges Spiel mit Elementen von GTA und Assasins Creed im Zweiten Weltkrieg mit klasse Story, tollen Charakteren, faszinierender Grafik und Dauermotivation pur, das aber nicht perfekt poliert ist.
geschrieben von Sir Uruk.Inc
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