Stille. Ein paar Brechgeräusche, der Bildschirm verschwimmt und Sekunden später schlagen massenweise Zombies zu. Doch halten sie dem Dauerfeuer der MGs nicht lange stand und nach kurzer Zeit scheint alles wieder ins Lot gekommen zu sein. Wenig später - ein paar grelle Schreie und ein menschenähnliches Wesen mit langen Klauen reißt so lange Stücke aus dem auf dem Boden liegenden Opfer heraus, bis es tot ist.

So ungefähr würden die ersten paar Minuten von Left 4 Dead 2 aussehen, wenn man alleine spielen würde. Doch wie man an dem Namen schon hört: Man spielt zu viert. Das lässt zwar die Adrenalinmomente wenn man von der Seite oder von hinten angesprungen, von einer elend langen Zunge halb erdrosselt, oder von einem rasant laufenden Ungetüm durch die Gegend gezogen und dann auf den Boden gehauen wird, zwar nicht geringer werden - allerdings überlebt man diese dann mit größerer Wahrscheinlichkeit.

Und genau das ist auch der Reiz und Sinn an Left 4 Dead 2. Es geht nicht, wie sicherlich einige Menschen behaupten würden, darum die Zombies möglichst brutal abzuschlachten (auch wenn das definitiv einen Teil des Spiels ausmacht) sonder hauptsächlich darum, mit seinem Team zu überleben. Wer den Vorgänger kennt wird es bestätigen können: die Zeit, um mit den Zombies zu spielen, hat man meistens nicht, doch das würde ja auf die Dauer sowieso langweilig werden. Der ständige Nervenkitzel jedoch, der auch von der Musik ausgelöst wird, die stetig ein nahendes Unheil ankündigt, macht auch nach vielen Spielstunden noch Spaß. Denn Left 4 Dead 2 verspricht nicht nur als Shooter erste Klasse zu sein. Auch die Horrorelemente und die ständige Forderung des Teams sollen von Left 4 Dead 2 einzigartig sein.


Doch hält es auch das, was es verspricht? Findet es heraus:

DIE CHARAKTERE

Genau wie im Vorgänger gibt es auch in Left 4 Dead 2 drei Männer und eine Frau. Nick, Coach, Rochelle und Ellis. Viel über die Charaktere erfährt man zwar nicht, da aber zu lange Gespräche die Atmosphäre zerstören würden ist das noch ok. Die Charaktere an sich sind wieder darauf bedacht, möglichst cool zu sein, was jedoch nicht immer so wirklich der Fall ist. Manchmal nerven die Zwischengespräche zwar schon, allerdings ist es meistens auszuhalten. Die deutsche Vertonung von den vier Überlebenden ist zwar nicht sonderlich gut, allerdings besser als bei so manchen anderen Spielen. Dennoch empfehle ich, das Spiel nach Möglichkeit auf Englisch zu spielen. Doch nicht nur die Vertonung ist in der deutschen Version ein Problem.

UND TÄGLICH GRÜSST DAS ZENSURTIER

Denn das größte Problem an den Versionen von Left 4 Dead 2 für Deutschland und Australien ist die Zensur. Die Zombie- leichen verschwinden schon vor dem Aufkommen auf dem Boden, alle Nahkampfwaffen fühlen sich irgendwie leer an - zumindestens hat man nicht das Gefühl als würden sie treffen - und grundlegende Effekte, wie Blut auf dem Bildschirm, die das Spiel ja nicht wirklich brutaler machen, sich allerdings immer sehen lassen, fehlen. Das Ganze hat natürlich einen Vorteil: Alle mit einem nicht ganz so leistungsstarken Computer sparen hier noch ein paar FPS, denn die CPU muss unter anderem herumliegende Leichen nicht mehr berechnen. Doch ich empfehle dringend, eine ungeschnittene Version zu importieren, denn es gibt so weniger Probleme als zum Beispiel mit einem Bloodpatch - und wenn die Leistung doch nicht ausreicht, kann man sich noch immer freiwillig (und auch vorübergehend) von den Splattereffekten trennen.

Ein Vorteil an der deutschen Version ist dafür aber, dass man fünf exklusive Counter-Strike Waffen bekommt, die mit einer 50% Wahrscheinlichkeit in einem Spiel auftreten. Doch wenn Besitzer einer anderen Version diese im Spiel finden - was sie tun können, wenn sie mit jemanden mit der (zensierten) deutschen Version zusammenspielen - können sie diese ebenfalls nutzen, wodurch das nur ein temporärer Vorteil für die Besitzer der deutschen Version sein wird.

KAMPAGNEN

Die Kampagnen sind wie im Vorgänger jeweils mit einem Filmplakat versehen, spielen jedoch diesmal in gänzlich verschiedenen Gebieten. Vertreten sind ein Einkaufszentrum, ein Karneval, ein Sumpf und eine Kleinstadt. In der vierten Kampagne, Sturmflut, kämpft man sich im Sonnenschein zu einer Zuckerfabrik und kehrt in der Dunkelheit mit starken Regenfällen und Stürmen zurück. Die Atmosphäre der Kampagne ist besonders gut ausgearbeitet, weswegen diese mein klarer Favorit ist. Oder wer bekommt keine Angst, wenn sich das Sichtfeld auf ein minimalstes reduziert und die Sturmgeräusche fast alles anders übertönen? Jeder Abschnitt der Kampagnen startet und endet in einem "Safe-Room", in dem es Waffen, Munition, Adrenalinspritzen, Medipacks, Defilibratoren und Tabletten zu finden gibt. Die Kampagnen sind generell gut ausgearbeitet, leiden aber manchmal an Durststrecken, in denen es einfach wenig zu tun gibt und die Umgebung auch nicht sonderlich spannend ist. Verschnaufpausen gibt es aber trotzdem selten.

GRAFIK UND SOUND

Grafisch gesehen kann sich Left 4 Dead 2 mit aktuellen Top-Titeln nicht messen, denn in Innenarealen ist es häufig recht detailarm. Die Außenareale werden zwar durch gut plazierte Details aufgewertet, doch sind auch diese häufig eher eintönig. Allerdings entsteht im Gesamtbild vor allem auch im Zusammenspiel mit der Musik eine sehr spannende Atmosphäre, die das Spielgefühl merklich verbessert und von der sich auch einige State-of-the-Art-Titel eine Scheibe abschneiden könnten. Es ist größtenteils sehr ruhig, doch bei jedem größeren Event, wie z.B. eine Ansammlung von sehr vielen normalen Zombies oder das Auftreten eines Zombie-Bosses (Tank und Witch), kündigt die Musik schon das nahende Unheil an.

Nur weiß man dann eben noch nicht, wo der Gegner herkommt, was sehr spannende Spielstellen garantiert. Anders als von vielen befürchtet, stören die hellen Passagen des zweiten Teils nicht, sie sind sogar besser, da das Spiel so mehr Abwechslung bekommt. Wer auf Dunkelheit steht sollte sich die Kampagne "Dunkler Karneval" ansehen, da diese hauptsächlich nachts spielt.

MULTIPLAYER

Der Spielspaß von Left 4 Dead 2 ist im Multiplayer im Vergleich zum Singleplayer auf jeden Fall um einiges größer - schließlich ist das Spiel ja auch darauf ausgelegt. So kann man die Kampagnen einfach so mit Freunden zusammen oder im Realismus-Modus durchspielen, wobei alle farbigen Umrandungen ausgeschaltet werden und das Spiel generell schwerer wird. Man kann auch gegen Freunde im Versus antreten, wobei jeweils 4 Spieler abwechselnd als Überlebende oder Infizierte eine Kampagne bestreiten. Schneller und vor allem für kurze Partien geeignet sind der schon aus dem Vorgänger bekannte Survival-Modus, bei dem es darum geht, möglichst lange gegen zahlreiche Wellen von Zombies zu überleben, und der neue Scavenge-Modus, in dem die Überlebenden einen Generator möglichst lange in Betrieb halten müssen. Dieser und der Realismus-Modus erfordern dabei höchsten Teamzusammenhalt, da sie sonst fast unmöglich zu schaffen sind. Der Scavenge-Modus macht besonders viel Spaß, da er auch auf Zeit ausgelegt ist, was die Spannung sogar noch vergrößert.

GEGNER, WAFFEN UND KI

Left 4 Dead 2 hat waffentechnisch gesehen einen enormen Vorteil gegenüber dem Vorgänger: Es gibt Nahkampfwaffen, die einem nicht nur im Notfall weiterhelfen, sondern auch zwischendurch gut genutzt werden können. Da gibt es von einer Bratpfanne über einen Baseballschläger, eine Kettensäge und Machete so ziemlich alles, was man als Waffe verwenden könnte. Auch weitere Fernkampfwaffen wurden hinzugefügt, doch hier sind bis auf den Granatwerfen die meisten keine besondere Neuerung.

Es gibt auch noch Waffenupgrades, die man ab und zu findet, wie Brand- und Explosivmunition, oder ein Laserzielvisier. Diese sind sehr nützlich, doch kann man sie nicht auf neue Waffen übertragen, was aber durchaus nachvollziehbar ist.

Doch damit es fair bleibt gibt es in Left 4 Dead 2 auch drei neue besondere Infizierte und ein paar neue normale Zombies. Die besonderen Infizierten sind der Charger, der Spitter und der Jockey. Der Charger rammt die Überlebenden einfach mit und schlägt sie auf den Boden sobald er gegen eine Wand läuft. Der Spitter spuckt Säurebälle, die Flächenschaden verursachen, der nicht zu vernachlässigen ist, und der Jockey kann einen Überlebenden begrenzt steuern, um ihn in Gefahrensituationen zu bringen. So gibt es in Left 4 Dead 2 neue Herausforderungen und man muss seine Strategien aus dem ersten Teil wechseln, da diese durch die neuen Infizierten zunichte gemacht werden. Im Versus ist besonders der Spitter gefährlich, da dieser mit jedem anderen Infizierten zusammenarbeiten und die Überlebenden davon abhalten kann ihre am Boden liegenden Kameraden zu retten. Allerdings ist der Spitter, genau wie der Jockey und der Boomer, mit sehr wenig Energie ausgestattet, was das ganze wieder fair macht.
Es gibt auch noch neue normalere Zombies, wie den Zombie im Schutzanzug, der feuerresistent ist, oder Clowns, die durch ihre quietschenden Schuhe immer mehr Infizierte anlocken.

Die KI der Zombies wurde stark verbessert. Diese suchen jetzt verstärkt auch komplizierte und effektivere Wege. Zudem finden sich nun wesentlich öfter Ansätze von Zusammenarbeit, wenn sich beispielsweise ein Hunter gezielt das schwächste Ziel aussucht oder das Opfer eines anderen getöteten Infizierten übernimmt. Auch Gegenstände, wie Waffen und Verbandszeug werden nun besser auf der Map verteilt. Die KI von den Überlebenden ist allerdings fast schon schlechter geworden, was auch ein Grund ist, warum der Multiplayer um einiges besser ausfällt, als der Singleplayer.